Über dreißig Referent:innen und zweihundert Teilnehmer:innen diskutierten an drei Tagen über emanzipatorische Wege aus den Krisen

Die Tagung des Projektes „Integrative Demokratieforschung im Land Sachsen-Anhalt“ (IDLSA) am Institut für demokratische Kultur der Hochschule Magdeburg-Stendal war ein voller Erfolg. Vom 19. bis 21. Juni diskutierten über dreißig Referent:innen und zweihundert Teilnehmer:innen an drei Tagen über die multiplen Krisen der Gegenwart und Herausforderungen für die demokratische Kultur in Sachsen-Anhalt. Studierende, Interessierte sowie Vertreter:innen aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Politik sprachen über historische (Dis-)Kontinuitäten, aktuelle Diagnosen und mögliche Zukunftsvisionen. Trotz – oder gerade wegen – der ernüchternden politischen Gemengelage nach den Europa- und Kommunalwahlen war das Bedürfnis nach intensiver Debatte und gemeinsamer Vernetzung groß.

“Eine Tagung genau zur richtigen Zeit“

Zum Auftakt begrüßten Prof. Dr. Katrin Reimer-Gordinskaya und Prof. Dr. Matthias Quent, die Vorstandsvorsitzenden des Instituts für demokratische Kultur, renommierte Gäste. In ihren Grußworten betonten Carsten Schneider, Staatsminister und Beauftragter der Bundesregierung für Ostdeutschland, Thomas Wünsch, Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt des Landes Sachsen-​Anhalt, und Prof. Dr. Manuela Schwartz, Rektorin der Hochschule Magdeburg-Stendal, die Wichtigkeit angewandter Demokratieforschung und eines Wissenschaft-Praxis-Transfers. Für Carsten Schneider war es „eine Tagung genau zur richtigen Zeit“.

Es folgten zwei Keynotes von und eine gemeinsame Diskussion mit Prof. Dr. Klaus Dörre (Friedrich-Schiller-Universität Jena) und Prof. Dr. Naika Foroutan (DeZIM-Institut, Humboldt-Universität zu Berlin). Klaus Dörre diskutierte das AfD-Unterstützungspotential in gewerkschaftlichen Kontexten und plädierte für eine politische Strategie, die sich sowohl an progressiver Identitätspolitik als auch an der Vision eines ökologischen Sozialstaats orientiert. Naika Foroutan stellte Überlegungen zur gegenwärtigen Widersprüchlichkeit postmigrantischer Gesellschaften an und schlug vor, sich in der öffentlichen Diskussion stärker auf die Diskrepanz zwischen Migrationsabwehr und Migrationsbedarf sowie das normative Versprechen der Pluralität zu beziehen.

Vielfältige Diskussionen

Am Donnerstag und Freitag folgten Panel-, Fishbowl- und Plenardiskussionen auf dem Herrenkrug Campus der Hochschule Magdeburg-Stendal. In neun Panels diskutierten Forscher*innen des IdK mit Vertreter:innen aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft und konnten sich auch über rege Beteiligung aus dem Publikum freuen. Einerseits ging es um Problemanalysen zur Geschichte und Gegenwart von Rassismus, Antisemitismus und der äußersten Rechten, zum Umgang mit antidemokratischen Tendenzen im digitalen Raum sowie zum gegenwärtigen Stand heterogener Klassenverhältnisse. Andererseits wurden Erfahrungen und Strategien im Bereich jüdischer Demokratiearbeit, antifaschistischer Mobilisierung, Klimaaktivismus sowie Organizing gegen Armut und Ungleichheit ausgetauscht. Am Donnerstag Abend diskutierten Michelle Angeli (Landesfrauenrat Sachsen-Anhalt e.V.), Marina Chernivsky (OFEK e.V.), Mamad Mohamad (LAMSA e.V.), David Begrich (Miteinander e.V.) und Prof. Dr. Katrin Reimer-Gordinskaya über die Herausforderungen progressiver zivilgesellschaftlicher Praxis nach und vor den Wahlen.

Gestärkt in die nächsten Monate

Mit Blick auf die zukünftigen Herausforderungen sind Räume der Reflexion, des Austauschs und der Vernetzung wichtiger denn je. „Es war dem Ernst der Lage angemessen, hat uns aber auch Mut gemacht“, so eine der Teilnehmer*innen. Die Impulse werden zeitnah als Tagungsdokumentation veröffentlicht und in die Gesellschaft getragen – für eine demokratische Alltagskultur in Sachsen-Anhalt.

Zum Programmüberblick der Tagung

Tagung 2024

Auf der Tagung diskutieren Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Politik zusammenkommen und mit allen Interessierten über die Herausforderungen der multiplen Krisen der Gegenwart.  

In Sachsen-Anhalt stehen entscheidende Monate und Jahre an: Werden sich autoritäre Bewegungen und Parteien durchsetzen? Oder wird es gelingen, demokratische, vielleicht sogar emanzipatorische Wege aus den Krisen miteinander zu finden? Die Herausforderungen sind tiefgreifend und vielgestaltig. Sie sind ineinander verwoben und müssen doch auch eigenständig betrachtet werden. „Wir möchten Raum geben, um miteinander inklusive und solidarische Wege aus den Krisen zu entwickeln“, so Prof.in Dr.in Katrin Reimer-Gordinskaya (IdK-Vorstandsvorsitzende). „Mit Blick auf den anhaltenden Einfluss der äußersten Rechten in der Region bedarf es hierzu einer nachhaltigen Ursachen- statt einer kurzfristigen Symptombekämpfung“, ergänzt Prof. Dr. Matthias Quent (IdK-Vorstandsvorsitzender). 

Die Tagung bietet Vertreter:innen aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Politik sowie allen Interessieren eine Gelegenheit, sich diesen Herausforderungen gemeinsam zu stellen. Die Tagung wird im Rahmen des Projektes „Integrative Demokratieforschung in Sachsen-Anhalt“ veranstaltet, welches durch das Ministerium für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt gefördert wird.

Auftakt in der Festung Mark
Am 19. Juni geht es 17 Uhr in der Festung Mark los mit einer Auftaktveranstaltung, die für die Öffentlichkeit besonders geeignet ist. Prof. Dr. Klaus Dörre (Friedrich-Schiller-Universität Jena) hält einen Vortrag mit dem Titel „In der Hitzefalle. Klima, Rechtsruck und die Vision eines ökologischen Sozialstaats“. Im zweiten Vortrag referiert Prof.in Dr.in Naika Foroutan (DeZIM-Institut, Humboldt-Universität zu) zum Thema „Emanzipation und Stagnation. Zur Widersprüchlichkeit postmigrantischer Gesellschaften“. Grußworte sprechen Prof.in Dr.in Manuela Schwartz, Rektorin der Hochschule Magdeburg-Stendal, Carsten Schneider, Staatsminister und Beauftragter der Bundesregierung für Ostdeutschland, sowie Thomas Wünsch, Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt des Landes Sachsen-​Anhalt.


Panels und Podiumsdikussionen auf dem Campus Herrenkrug der Hochschule Magdeburg-Stendal
Am 20. und 21. Juni folgt ein umfangreiches Programm. Im Rahmen von zehn Diskussionsrunden werden
•  ausgewählte Gegenstandsbereich in ihrer landes- und regionalspezifischen Ausprägung thematisiert (u. a. Antisemitismus, Rassismus, Rechtsextremismus, prekäre Lebenslagen, jüdische Geschichte, anthropogener Klimawandel, Digitalität)
•  die zu Grunde liegende gesellschaftlichen Gesamtkonstellation untersucht (u.a. multiple Krisen, Demokratiedistanz, Autoritarismus), sowie
•  demokratische Zukunftsvisionen gemeinsam entworfen sowie vorhandene Strategien diskutiert, geprüft oder erweitert.

Für die einzelnen Diskussionen konnten wir renommierte Kolleg:innen aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Politik gewinnen.

Die Anmeldung zur Tagung 2024 „Emanzipatorische Wege aus den Krisen: Analysen, Widersprüche und Zukunftskonzepte aus Wissenschaft und Praxis“ ist bis zum 5. Juni möglich: https://tagung.idk-lsa.de/

Programmbeirat verurteilt Antisemitismus und ruft zu Demokratieoffensive auf

Magdeburg. Der Beirat des Landesprogramms für Demokratie, Vielfalt und Weltoffenheit verurteilt die Angriffe der Hamas auf Israel und den Hass gegen Jüdinnen und Juden: „Wir sind entsetzt über die weltweite Welle des Hasses und der Gewalt gegen Jüdinnen und Juden. In seiner Vielfalt steht der Beirat des Landesdemokratieprogramms geschlossen an der Seite von Jüdinnen und Juden sowie für die unbedingte Freiheit und Zukunft jüdischen Lebens in Sachsen- Anhalt, Deutschland und weltweit ein.“ Es brauche mehr Angebote der Prävention, der politischen Bildung und der Unterstützung von Betroffenen von Antisemitismus. „Wir bekräftigen die Maßnahmen gegen Antisemitismus und zur Stärkung der jüdischen Community, wie sie im Landesprogramm für Demokratie, Vielfalt und Weltoffenheit und im Landesprogramm für jüdisches Leben in Sachsen-Anhalt verankert sind. Es ist von großer Bedeutung, den Kampf gegen Antisemitismus zu intensivieren.“ heißt es in der einmütig beschlossenen Erklärung.

Gleichzeitig ruft der Beirat angesichts des schwindenden Demokratievertrauens zu einer gemeinsamen Demokratieoffensive auf. „Wir dürfen nicht hinnehmen, dass sich immer mehr Menschen von demokratischen Werten abwenden. Es braucht überzeugende demokratische Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit und mehr Beteiligung der Bevölkerung“, heißt es in dem einstimmig gefassten Beschluss des zivilgesellschaftlichen Beirates. „Wir alle müssen klar Haltung beziehen gegen jede Form von Hass und Diskriminierung sowie die Versuche, den demokratischen Rechtsstaat zu delegitimieren.“

Schwerpunkte der Demokratieoffensive sind:

  • Demokratie im Alltag leben: Ob in Kommunen, Vereinen, Bildungseinrichtungen, Unternehmen oder politischen Gremien: Mitbestimmung muss allen offenstehen – und Teil des gelebten Alltags werden.
  • Demokratie braucht Sicherheit: Schutz vor Angriffen auf Bürgerinnen und Bürger, die sich kommunalpolitisch und ehrenamtlich engagieren muss sichergestellt werden.
  • Demokratie braucht Förderung: Demokratische Bildungs- und Beratungsangebote benötigen gute und verlässliche Förderbedingungen.
  • Demokratie braucht Vielfalt: Sachsen-Anhalt lebt von der Vielfalt der Menschen, die sich unabhängig ihrer Herkunft oder ihrer geschlechtlichen und sexuellen Identität in unsere Gesellschaft einbringen. Hürden für eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sollen weiter abgebaut werden.
  • Demokratie braucht betriebliche Mitbestimmung: Gewerkschaften, Personal- und Betriebsräte, sowie Jugend- und Auszubildendenvertretungen tragen dazu bei, dass Beschäftigte ihre Stimme für gute, gesunde und familienfreundliche Arbeitsbedingungen einbringen und bei Veränderungsprozessen mitwirken können.
  • Demokratie braucht starke Allianzen und Netzwerke: Sachsen-Anhalts Zivilgesellschaft leistet einen unverzichtbaren Beitrag zur Stärkung der Demokratie: Für eine Demokratieoffensive braucht es stärkere Bündnisse und Wortmeldungen: Politik und Zivilgesellschaft müssen in ihrer Verschiedenheit solidarisch zusammenstehen, wenn der demokratische Konsens angegriffen wird. 

Ministerin Petra Grimm-Benne betonte: „Ob Bürgerforen, Mitbestimmung in Betrieben oder gelebte Nachbarschaft: Demokratie braucht alle Bürgerinnen und Bürger. Mit einer gemeinsamen Demokratieoffensive setzen Politik und Zivilgesellschaft auf mehr Teilhabe. Mit dem Schulterschluss setzen wir ein Zeichen der Geschlossenheit. Gemeinsam werden wir unsere Demokratie gegen Angriffe verteidigen.“

Oberkirchenrat Albrecht SteinhäuserBeauftragter der Evangelischen Kirchen bei Landtag und Landesregierung Sachsen-Anhalt sagte: „Infragestellungen des demokratischen Grundkonsenses unserer Gesellschaft und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit gehen nicht nur von den politischen Rändern aus, sondern ganz aktuell auch von Teilen unserer Gesellschaft. Staat und Gesellschaft sind gemeinsam herausgefordert, klar Haltung zu zeigen für Demokratie und Miteinander in unserem Land.“

„Die Zivilgesellschaft ist eine wesentliche Quelle demokratischer Alltagskultur. Hier kommen Menschen zusammen und erheben ihre Stimme: Für mehr Teilhabe und Mitbestimmung. Gegen Antisemitismus. Gegen Rassismus. Für eine Gesellschaft, in der man, ohne Angst verschieden sein kann.‘ Diese Strukturen und Strategien müssen gestärkt werden.“ hob Professorin Katrin Reimer-Gordinskaya von der Hochschule Magdeburg-Stendal hervor.

Pascal Begrich, Geschäftsführer von Miteinander e.V. sagte: „Die Zunahme demokratiefeindlicher Haltungen verdeutlicht einmal mehr die Notwendigkeit einer aktiven zivilgesellschaftlichen Auseinandersetzung. Dafür braucht es Beratungs- und Unterstützungsangebote insbesondere für jene, die von Antisemitismus und Rassismus betroffen sind. Es braucht Maßnahmen der politischen Bildung und Radikalisierungsprävention zur Stärkung einer offenen und solidarischen Gesellschaft.“

Hintergrund:

Der Beirat des Landesprogramms für Demokratie, Vielfalt und Weltoffenheit besteht aus Vertreterinnen und Vertretern zivilgesellschaftlicher Vereine und Institutionen und berät die Landesregierung in Fragen der Demokratieförderung und Radikalisierungsprävention. Weitere Informationen finden sich unter https://demokratie.sachsen-anhalt.de/landesprogramm-wir-sind-das-land/gremien/beirat.  

Anlagen

Gemeinsame Erklärung zu den Angriffen auf Israel – Gemeinsam gegen jeden Antisemitismus

Die terroristischen Angriffe der Hamas gegen Menschen in Israel, die Morde und die Entführungen erschüttern uns. Unsere Solidarität gilt den Menschen in Israel. Die blutigen Gewalttaten verdeutlichen erneut die mörderische Dimension des Antisemitismus. Wir sind entsetzt über die weltweite Welle des Hasses und der Gewalt gegen Jüdinnen und Juden, die sich auch in Deutschland auf den Straßen und in den Sozialen Medien manifestiert. Sie zeigt einmal mehr, dass auch hier die Sicherheit von Jüdinnen und Juden gefährdet ist. Die Mordtaten islamistischer Terrororganisationen und antisemitische Proteste gegen die Reaktionen Israels auf die Angriffe verurteilen wir ohne Wenn und Aber.

In Folge der Hamas-Angriffe leiden die Zivilbevölkerungen in Israel und Gaza, insbesondere Familien, Frauen und Kinder. Unsere Gedanken sind bei den Opfern, ihren Angehörigen sowie Freundinnen und Freunden. 

In seiner Vielfalt steht der Beirat des Landesdemokratieprogramms geschlossen an der Seite von Jüdinnen und Juden sowie für die unbedingte Freiheit und Zukunft jüdischen Lebens in Sachsen- Anhalt, Deutschland und weltweit ein. Die Vertreterinnen und Vertreter der zivilgesellschaftlichen Vereine und Verbände, Gewerkschaften, Hochschulen sowie christlicher, jüdischer und islamischer Religionsgemeinschaften bekennen sich zum Existenzrecht Israels und zum Kampf gegen jede Form von Antisemitismus – israelbezogener, islamischer, rechtsextremer oder linksextremer Antisemitismus oder Antisemitismus aus der Mitte der Gesellschaft.

Wir bekräftigen die Maßnahmen gegen Antisemitismus und zur Stärkung der jüdischen Community, wie sie im Landesprogramm für Demokratie, Vielfalt und Weltoffenheit und im Landesprogramm für jüdisches Leben in Sachsen-Anhalt verankert sind. Es ist von großer Bedeutung, den Kampf gegen Antisemitismus zu intensivieren. Die Sicherheit von Jüdinnen und Juden in Sachsen-Anhalt muss gestärkt werden. Die Beratung und Unterstützung für Betroffene von Antisemitismus muss ausgebaut und dauerhaft gefördert werden. Gezielte Informationskampagnen und Maßnahmen der politischen Bildung können das Bewusstsein für jede Form von Antisemitismus und seine Gefahren schärfen und die Auseinandersetzung fördern. Auch hier braucht es den Ausbau entsprechender Projekte.

Beiratsbeschluss: Demokratieoffensive für ein weltoffenes und modernes Sachsen-Anhalt

Wir sind besorgt über den aktuellen Zustand unserer Demokratie in Sachsen-Anhalt und rufen Politik wie Zivilgesellschaft auf, mit vereinten Kräften eine Demokratieoffensive zu starten. Jüngst veröffentlichte Studien[1] zeigen, dass gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, rassistische und antisemitische Einstellungen in Sachsen-Anhalt verbreitet sind. Jede zehnte Person weist demnach ein geschlossen rechtsextremes Weltbild auf. Während sich laut Sachsen-Anhalt Monitor mit 92 Prozent die deutliche Mehrheit der Bevölkerung zur Idee der Demokratie bekennt, sind nur ein Drittel mit dem tatsächlichen Funktionieren demokratischer Prozesse zufrieden. Es ist eine Entfremdung zwischen Bürgerinnen und Bürgern einerseits und den demokratischen Parteien und Institutionen andererseits zu erkennen. Hieraus erwächst eine zunehmende Gefahr für die Demokratie, der wir auch mit Blick auf die anstehenden Kommunal- und Europawahlen mit verstärkten Anstrengungen begegnen müssen. Unser gemeinsames Ziel ist es, Bürgerinnen und Bürger für die Teilnahme an den Wahlen ebenso zu gewinnen wie für die aktive Nutzung demokratischer Mitbestimmungsmöglichkeiten.

Wir rufen die Landesregierung, die Zivilgesellschaft, die Wirtschaft, Organisationen und Verbände sowie alle öffentlichen Akteure dazu auf, sich in die Demokratieoffensive einzubringen. Wir dürfen nicht hinnehmen, dass sich immer mehr Menschen von demokratischen Werten abwenden. Es braucht überzeugende demokratische Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit und mehr Beteiligung der Bevölkerung an politischen Aushandlungsprozessen. Wir alle müssen klar Haltung beziehen gegen jede Form von Hass und Diskriminierung sowie die Versuche, den demokratischen Rechtsstaat zu delegitimieren.

Mit dem Landesprogramm für Demokratie, Vielfalt und Weltoffenheit hat die Landesregierung in enger Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft viele gute Maßnahmen von gelebter demokratischer Teilhabe, politischer Mitbestimmung und des Zusammenlebens in Vielfalt entwickelt. Ergänzt wird dies mit dem Landesprogramm für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus in Sachsen-Anhalt sowie dem Landesprogramm für ein geschlechtergerechtes Sachsen-Anhalt. Im Rahmen der geförderten Vorhaben konnte eine Vielzahl an innovativen Beteiligungsformaten entwickelt und Zugänge zu demokratischer Teilhabe insbesondere für Zielgruppen eröffnet werden, die bislang unterdurchschnittlich partizipiert haben. Der Programmbeirat betont die Wirksamkeit und Notwendigkeit der geförderten Initiativen und Projekte. 

Mehr noch: Aktivitäten zur Förderung der Demokratie und ihre Verteidigung gegen Bedrohungen von innen und außen müssen ausgebaut werden. Kontroverse Debatten und eine Vielfalt an Meinungen sind Kern einer demokratischen Kultur. Sie zu erhalten und auszubauen

gelingt nur, wenn alle demokratischen Kräfte gegen Angriffe auf demokratische Prinzipien und Institutionen entschlossen und gemeinsam handeln.

Empfehlungen und Forderungen

Demokratische Räume stärken. Die aktuellen Krisenerscheinungen und der damit einhergehende Veränderungsdruck verunsichern und erschöpfen viele Menschen. Das nutzen insbesondere Rechtsextremisten aus und verbreiten ihre menschenverachtenden und verfassungsfeindlichen Inhalte offensiv im Netz und auf der Straße. Dem müssen wir entgegengetreten. Politik und Zivilgesellschaft müssen proaktiv agieren, aufsteigenden Gerüchten und Ressentiments schnell entgegentreten sowie eigene Themen offensiv kommunizieren. Dazu gehört, in Parteien, Verbänden und Organisationen die Kommunikation zu stärken und so die Bindung der Mitgliedschaft zu verbessern.

  • Politische Entscheidungen müssen transparent und verständlich werden.
  • Sorgen und Ängste der Menschen vor Ort müssen wahr- und ernstgenommen werden, ohne Ressentiments zu bestärken.
  • Regionale Bürgerforen und verstärkte Aktivitäten in den digitalen Netzwerken sollen dazu genutzt werden, vorhandene Probleme im demokratischen Dialog zu lösen.
  • Demokratische Haltungen und eine demokratische Kultur müssen auch in Vereinen und Verbänden entwickelt und gestärkt werden.
  • Bürgerinnen und Bürger, die sich kommunalpolitisch und ehrenamtlich engagieren, sowie journalistisch Tätige müssen in ihrer wichtigen Arbeit unterstützt und vor Angriffen geschützt werden.
  • Räume für demokratisches Engagement müssen transparent und barrierearm gestaltet werden.

Krisen-Resilienz aufbauen – Teilhabe fördern. Bei der Bewältigung von Krisen stehen oft materielle Herausforderungen und kurzfristige Lösungsstrategien im Vordergrund. Langfristig angelegte Strukturen im unmittelbaren Sozialraum, die beim Umgang mit Krisen Halt geben und demokratischen Austausch ermöglichen, kommen dabei oft zu kurz. Ob in Kommunen, Bildungseinrichtungen, Unternehmen oder politischen Gremien: Mitbestimmung muss Teil des gelebten Alltags werden, damit die Selbstwirksamkeit erhöht wird.

  • Innerhalb der Regelstrukturen von Kinder- und Jugendhilfe, Schule und vielen mehr sollen Teilhabemöglichkeiten gestärkt werden. Dabei kann auf Best-Practice-Erfahrungen aufgebaut werden.
  • Demokratie lernen ist ein lebenslanger Prozess und betrifft alle Generationen. Neben bestehenden Strukturen wie Schülerinnen- und Schülervertretungen, Elternvertretungen, Quartiersprojekten, Nachbarschafts-Netzwerken, Seniorinnen- und Seniorenvertretungen, Mehrgenerationenformaten und Beiräten müssen Möglichkeiten der aktiven Teilhabe und Mitbestimmung in allen Bereichen des Lebens ausgebaut werden. Gestärkt werden sollen auch Selbstorganisationen, insbesondere strukturell benachteiligter Gruppen. 
  • Unsere Demokratie braucht jede Stimme. Bürgerschaftliches Engagement und politische Partizipation geht vom Individuum aus und ist im Sinne der Subsidiarität, Eigenverantwortung und Solidarität zu fördern. 

Bildung und Beratung für Demokratie. Sachsen-Anhalt verfügt über vielfältige Angebote zur Unterstützung des demokratischen Engagements und der Auseinandersetzung mit Demokratiefeindlichkeit. Diese gilt es zu verstetigen und als Daueraufgabe zu verstehen. Es braucht gute und verlässliche Rahmenbedingungen, die demokratisches Engagement sowie politische Mitbestimmung ermöglichen und fördern. Dazu gehören Bildungs- und Beratungsangebote für die Auseinandersetzung mit Menschen- und Demokratiefeindlichkeit.

  • Alle Formen von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit sind in ihren Entwicklungen kontinuierlich wissenschaftlich zu untersuchen. Aus den Befunden muss entsprechendes Handeln für Politik und pädagogische Praxis abgeleitet werden. Dabei muss Antifeminismus künftig stärker berücksichtigt werden.
  • Die wichtige Arbeit der Beratungsstellen, die Betroffene von Diskriminierung und Gewalt unterstützen, sowie der Monitoringstellen, die entsprechende Daten erfassen, ist abzusichern.
  • Dabei ist eine Vernetzung der Beratungsstellen, die sich mit verschiedenen Diskriminierungsformen befassen, anzustreben.
  • Bei der Entwicklung und Umsetzung von Gegen- und Präventionsmaßnahmen sind Selbstvertretungen und die Perspektive von Betroffenen stärker zu berücksichtigen.
  • Die politischen Stiftungen leisten einen unverzichtbaren Beitrag für die gesellschaftliche und demokratische Bildungsarbeit. Die finanzielle Förderung von Stiftungen, die auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen, muss dauerhaft auf eine rechtssichere Grundlage gestellt werden.

Diversität leben. Sachsen-Anhalt lebt von der Diversität der Menschen, die sich unabhängig ihrer Herkunft oder ihrer geschlechtlichen und sexuellen Identität in unsere Gesellschaft einbringen. Mit der Demokratieoffensive wollen wir Hürden für eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben weiter abbauen.

  • Unsere Demokratie lebt vom gegenseitigen Respekt, der Unantastbarkeit der individuellen Menschenwürde und der Wertschätzung gesellschaftlicher Vielfalt. Alle Partner der Demokratieoffensive setzen sich dafür ein, dass das Recht auf Schutz vor Diskriminierung konsequent umgesetzt wird – und zwar überall in Sachsen-Anhalt.
  • Ideologien der Ungleichwertigkeit wie Rassismus und Antisemitismus, Frauenfeindlichkeit, Queer- und Transfeindlichkeit müssen noch stärker als bisher mit Präventionsansätzen bekämpft werden. 

Ausländische Fachkräfte sind für die Betriebe und Unternehmen in Sachsen-Anhalt unverzichtbar geworden. Im Kampf gegen den Fach- und Arbeitskräftemangel streben wir an, noch attraktiver für gezielte Zuwanderung zu werden. Gleichzeitig möchten wir die Potentiale der bereits in Sachsen-Anhalt lebenden Migrantinnen und Migranten durch Qualifizierungsmaßnahmen nutzen und fördern.

Betriebliche Demokratie gewährleisten. Die Sozialpartnerschaft zwischen Arbeitgebern Gewerkschaften und Arbeitnehmervertretungen ist eine wichtige Säule der Demokratie.

  • Personal- und Betriebsräte, sowie Jugend- und Auszubildendenvertretungen tragen dazu bei, dass Beschäftigte ihre Stimme für gute, gesunde und familienfreundliche Arbeitsbedingungen einbringen und bei Veränderungsprozessen mitwirken können. Funktionierende betriebliche Mitbestimmung ist im Interesse von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. 
  • Auch in der betrieblichen Demokratie ist menschenfeindlichen Ressentiments entgegenzutreten.

Allianzen und Netzwerke ausbauen. Sachsen-Anhalts Zivilgesellschaft ist vielfältig und leistet durch Ehren- wie Hauptamt unschätzbar wichtige Arbeit. 

  • Für eine Demokratieoffensive braucht es stärkere Bündnisse und Wortmeldungen: Politik und Zivilgesellschaft müssen in ihrer Verschiedenheit solidarisch zusammenstehen, wenn der demokratische Konsens angegriffen wird. 
  • Eine landesweite Demokratiekonferenz sollte jährlich für eine solche Verständigung einen Raum bieten.

Sachsen-Anhalt-Tag 2024

Nach fünfjähriger Pause fand der Sachsen-Anhalt-Tag 2024 erstmals seit der Covid-19 Pandemie wieder statt. Gastgeberin war die Stadt Stendal, die unter dem Motto „Mittelalter trifft Moderne“ Gäst:innen aus ganz Deutschland zum Landesfest in die Altmark einlud. Vom 30. August bis zum 01. September 2024 kamen rund 10.000 Mitwirkende aus allen Landesteilen, um mit Konzerten, Theater, Musik und Festumzügen, aber auch mit Informationen und Diskussionen den Besucher:innen die Besonderheiten Sachsen-Anhalts zu präsentieren und näherzubringen.

Auch die Landeszentrale für politische Bildung beteiligte sich mit einer Themenstraße unter dem Motto „Weltoffenes Sachsen-Anhalt“ am 23. Sachsen-Anhalt-Tag. Erstmals konnte sich in diesem Rahmen auch das Institut , das an der Hochschule Magdeburg-Stendal angesiedelt und damit auch in der Gastgeberregion verortet ist, sich auf dem Sachsen-Anhalt-Tag 2024 einer breiten Zivilgesellschaft präsentieren. Mit einem Informationsstand war das IdK an allen drei Festtagen vertreten und informierte über seine aktuelle Studien und Projekte.

Normalisierung von unten: Das Ringen der AfD um kommunale Ämter

Im Forschungsprojekt „Integrative Demokratieforschung im Land Sachsen-Anhalt (IDLSA)“ ist ein neues Working Paper erschienen. Nikolas Dietze und Matthias Quent vom Institut für demokratische Kultur der Hochschule Magdeburg-Stendal haben zusammen mit Marvin Müller (Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer) Ergebnisse einer Studie veröffentlicht, die in zwei Kommunen in Sachsen-Anhalt durchgeführt wurde. In beiden Kommunen fanden 2023 Stichwahlen um das Amt des (Ober-)Bürgermeisters statt. In einer der beiden, stellt die AfD seitdem den Bürgermeister in der anderen, verlor die Partei und klagt gegen das Wahlergebnis. Die Forscher werten qualitative Leitfadeninterviews aus, die in den Kommunen mit verschiedenen Akteuren geführt wurden. Anhand der Daten werden die Spezifika der AfD-Kommunalpolitik, die Bedingungsfaktoren für Wahlerfolg und -misserfolg der Rechtsaußenpartei sowie die daraus resultierenden Folgen und Entwicklungen herausgearbeitet.

Das Working Paper kann kostenfrei heruntergeladen werden.

Kommunalwahlen: Wenn Rechtsextreme über das alltägliche Leben entscheiden

Kommunalpolitik bestimmt über das (Zusammen-)Leben und den Alltag der Menschen vor Ort. Kein Wunder also, dass die AfD versucht, in lokalen Gremien Fuß zu fassen. Kommunale Ämter dienen als Wegbereiter der Normalisierung.

Von Nikolas Dietze

Das Superwahljahr 2024 nimmt an Fahrt auf. Neben den kurz bevorstehenden Kommunalwahlen wird das Europäische Parlament gewählt. Im September folgen die Landtagswahlen dreier ostdeutscher Bundesländer. Im Verhältnis zu den überregionalen, bundesweiten und europäischen Wahlentscheidungen, werden die Kommunalwahlen stark unterschätzt. Was häufig als kommunale Sachpolitik kleingeredet wird, sind konkrete Entscheidungen und Aushandlungen, die über das (Zusammen-)Leben und den Alltag der Menschen vor Ort bestimmen. Dass die AfD versucht, in kommunalen Gremien Fuß zu fassen, kommt daher nicht von ungefähr.

Die Partei nutzt bewährte Strategien des lokalen Rechtsextremismus, indem auf ein vermeintliches Kollektivinteresse und ein gemeinsam geteiltes Alltagsleben vor Ort verwiesen wird. Mit Agitation und Polarisierung wird an gesamtgesellschaftliche Diskurse angeknüpft. Die anstehenden Kommunalwahlen sollen helfen, die Verankerung der Rechtsextremen im vorpolitischen Raum anzukurbeln.

Die AfD, aber auch parteilose Wählerlisten, profitieren von einem hohen Maß an Ablehnung der Parteienpolitik bei zunehmender Fragmentierung der Kommunalparlamente. In den ostdeutschen Bundesländern wird das durch eine umfassende Entfremdung von der parlamentarischen Demokratie als Staatsform noch verstärkt. Der Rechtsextremismusforscher David Begrich weist darauf hin, dass die AfD ihre vormalige Schwäche – nicht im kommunalen Raum verankert zu sein – nun als Stärke ausspielen könne, weil man nicht zum politischen Establishment der ‚Altparteien‘ gehöre.

Während die Partei in vielen Kommunen bereits deutlich vernehmbar im öffentlichen Raum in Erscheinung tritt, fehlt es ihr aktuell noch an einer flächendeckenden Verankerung in kommunalen Institutionen.

Kommunale Ämter als Wegbereiter der Normalisierung

Doch in einigen Orten ist das bereits anders, zum Beispiel in der knapp 9.000 Bewohner*innen großen Kommune Raguhn-Jeßnitz in Sachsen-Anhalt. Dort übernahm der AfD-Politiker Hannes Loth nach einem äußerst knappen Stichwahlsieg zum 01. September 2023 den Posten des Bürgermeisters. Die erste hauptamtliche Bürgermeisterschaft der Partei. Loth, seit 2013 in der AfD, mäandert zwischen Nähe und Distanz zu seiner Partei. Ein entpolitisierter Wahlkampf sparte die sonst so häufige Polarisierung von bundespolitischen Themen aus. Stattdessen betonte Loth für eine menschenorientierte Sachpolitik innerhalb seiner Kommune zu stehen – eine Strategie, die aufzugehen scheint. In seiner bisherigen Beurteilung dominiert das Persönliche vor dem Parteipolitischen. Er kann auf einen hohen Bekanntheitsgrad und den Ruf des engagierten Kümmerers bauen, gilt in der lokalen Zivilgesellschaft als fest verwurzelt. Faktoren, die auf kommunaler Ebene ausschlaggebender für die Wahlentscheidung sind als die Parteizugehörigkeit.

Politische Kontrahent*innen finden kaum Kritikwürdiges an der Politik Loths, der von 2016 bis 2023 im Landtag Sachsen-Anhalts saß. Dies ermöglicht anderen kommunalpolitischen Akteur*innen, die Zusammenarbeit mit ihm zu rechtfertigen. Parallel dazu ergeben sich auch aus der Schwäche und dem weitestgehenden Rückzug demokratischer Parteien vor Ort großzügige Wirksamkeitsfelder, die es der AfD erlauben, als erfolgreich wahrgenommene Lückenfüllerin in Erscheinung zu treten.

Hannes Loth zählt nicht zu den Hardlinern seiner Partei, die in Sachsen-Anhalt als gesichert rechtsextrem gilt.  Bislang findet sich im Handeln des Bürgermeisters nichts, was eindeutig auf die völkische Ideologie der AfD hinweist. Doch darin steckt die Gefahr: Der kommunale Machtpragmatismus trägt zur überregionalen Normalisierung der AfD und ihrer antidemokratischen Agenda bei. Loth verdeutlicht durch seine Funktion als hauptamtlicher Bürgermeister, dass die AfD für ihren ‚Marsch durch die Institutionen‘ bereit ist und Verantwortung übernehmen kann. Gleichzeitig steht die vor Ort wahrgenommene Normalität des Bürgermeisters der bundesweiten Radikalisierung sowie Skandalisierung der AfD entgegen.

Potenziale zivilgesellschaftlicher Mobilisierung

Ein Siegeszug der AfD bei den Kommunalwahlen ist kein Automatismus. Das zeigt der Blick in die Nachbargemeinde von Raguhn-Jeßnitz. In der 38.000 Bewohner*innen großen Industriestadt Bitterfeld-Wolfen gelang es dem AfD-Kandidaten Henning Dornack im September 2023, den ersten Wahlgang um das Amt des Oberbürgermeisters zu gewinnen. Im Vorfeld der Stichwahl zwischen AfD-Kandidat und dem bisherigen Amtsinhaber der CDU mobilisierte das zivilgesellschaftliche Bündnis für Demokratie und Toleranz mittels eines Offenen Briefs für eine Stadt mit Courage und ohne Rassismus. Regionale Vertreter*innen der Kirche, der Zivilgesellschaft und der Gewerkschaften unterzeichneten ebenso wie verschiedene Ortsbürgermeister*innen der Stadt, sogar Ministerpräsident Rainer Haseloff (CDU) beteiligte sich.

Am Tag der Stichwahl lag die Wahlbeteiligung – für zweite Wahlgänge unüblich, wo sie sonst eher abfällt – bei unveränderten 48 Prozent. Armin Schenk (CDU) konnte sich mit 54 Prozent der Stimmen gegen den AfD-Kandidaten durchsetzen. Anhand der inhaltlichen Auseinandersetzung mit der AfD im Vorfeld der Stichwahl zeigt der Fall Bitterfeld-Wolfen, dass zivilgesellschaftliche Mobilisierung den Sieg von Rechtsaußenkandidaten verhindern kann. Eine vergleichbare Mobilisierung aus Reihen der Zivilgesellschaft hatte bereits im thüringischen Nordhausen erheblichen Anteil an der Stichwahl-Niederlage des AfD-Oberbürgermeisterkandidaten. Bürgerschaftliche Aktivitäten und Mobilisierungen breit aufgestellter Zusammenschlüsse für Demokratie und gegen Rechtsextremismus können Machtgewinne der AfD (auch kurzfristig) verhindern und zeigen demokratische Alternativen zur Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen auf.

Der AfD die Räume nehmen

Neben kurzfristigen Interventionen bedarf es mittel- und langfristig einer kontinuierlichen Stärkung und Unterstützung der demokratischen Alltagskultur in den Kommunen, die Demokrat*innen (wieder) sichtbar werden lässt. Kommunen brauchen finanzielle Handlungsspielräume, die demokratische Mitbestimmung ermöglichen, Begegnungsorte erhalten. Kulturelle Infrastruktur und Versorgungsinfrastruktur müssen ausgebaut statt rückgebaut werden. Konkret heißt das, lokale Projekte, Vereine und Initiativen demokratischer Teilhabe und Erlebbarkeit aufrechtzuerhalten, da diese die Vormachtsansprüche der AfD im Alltag in Frage stellen und ihr Auftreten als angebliche Kümmerin schwächen. Demokratische Parteien sollten in den öffentlichen und digitalen Räumen stärker präsent sein, um der AfD oder anderen rechtsextremen Wählerlisten nicht die Rolle als ‚Volksversteherin‘ zu überlassen.

Erschienen auf: https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/kommunalwahlen-wenn-rechtsextreme-ueber-das-alltaegliche-leben-entscheiden-113075/

Das Superwahljahr: Zum Umgang mit der AfD im kommunalen Kontext


In einem Pressegespräch am 23. April 2024 hat die Forschungsgruppe des Instituts für demokratische Kultur der Hochschule Magdeburg-Stendal sowie der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer Zwischenergebnisse aus einer laufenden Studie präsentiert. Sie gibt im Rahmen des Projekts „Integrative Demokratieforschung im Land Sachsen-Anhalt“ Einblicke zu kommunalen Entwicklungen und Strategien der AfD sowie Formen der Auseinandersetzungen und des Umgangs seitens Lokalpolitik, Verwaltung und Zivilgesellschaft. Weiterlesen

Wenn ein Stück Geschichte fehlt

In der aktuellen Ausgabe des Forschungsmagazins „treffpunkt forschung“ findet sich auch ein Artikel zum IdK-Projekt „Integrative Demokratieforschung im Land Sachsen-Anhalt“ (IDLSA). Wir danken der Redaktion ganz herzlich für die Gelegenheit, das Projekt vorzustellen.
Der Beitrag ist auf den Seiten 26-31 in der aktuellen Ausgabe zu finden.

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